Linz hat den saubersten Arsch der Welt

von Thomas Philipp

Der österreichische Schriftsteller Eduard von Bauernfeld (1802 - 1890) reimte in seinem "Poetischen Tagebuch 1845":

"Mit Cyankali hats keine Eile!
Man kann auch ruhig sterben - vor Langeweile.
Wie in der Provinz
Zum Beispiel in Linz."
(Bauernfeld 1871, S. 164)

    Immer wieder wurde die oberösterreichische Landeshauptstadt seit damals als provinziell abgetan. Ingeborg Bachmann schrieb in ihrem Roman "Malina": "Ich fahre betäubt über Linz und Attnang-Puchheim, mit einem auf und ab schwankenden Buch in der Hand." (Bachmann 1980, S. 175) In Thomas Bernhards Stück "Heldenplatz" findet sich die Passage: "In Linz geboren, allein das ist ein fürchterlicher Gedanke." (Bernhard 1995, S. 15) Und dem deutschen Skandalrapper Bushido wurden in einem fingierten Spiegel-Interview die Zeilen "Linz ist der Arsch der Welt: Chemie, Langeweile, Drogen" in den Mund gelegt. (Höbel 2005) Ein Imageproblem ergab sich für Linz auch durch die ab den 1980er-Jahren zunehmende Luftverschmutzung, ausgelöst vor allem durch die Industrieunternehmen VOEST-Alpine AG und Chemie Linz AG. Zum Provinzreim gesellte sich "In Linz, da stinkt's!".

    Die Linzer Politik versuchte spätestens seit dieser Zeit, stärker gegenzusteuern. Die Förderung von Kunst und Kultur sollte Linz zu einer internationalen Kulturstadt ohne provinziellen Beigeschmack machen. Umfangreiche Investitionen in den Umweltschutz sollten die dreckige Stahlstadt in eine saubere Industriestadt verwandeln. Beide Versuche können als gelungen bezeichnet werden, wobei auch Kritik zu vernehmen ist. So durchziehen von Zeit zu Zeit Provinzpossen die kulturelle Entwicklung der Stadt (der Nike-Skandal, das Neue Musiktheater, …) und eine übertriebene Sauberkeit nimmt an manchen Stellen im wahrsten Sinne die Luft zum Atmen. Linz hat sich aber auf jeden Fall zu einer modernen, sauberen Industriestadt mit einem attraktiven Kunst- und Kulturangebot entwickelt.



Bauernfeld, Eduard von, Das Tagebuch, in: Gesammelte Schriften von Bauernfeld, Band 4, Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitätsbuchhändler, Wien 1871, S. 164

Bachmann, Ingeborg, Malina, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1980 (Orig. 1970)

Bernhard, Thomas, Heldenplatz, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1995 (Orig. 1988)

Höbel, Wolfgang, Hart wie Nutella, Der Spiegel, 7. November 2005,
abrufbar unter http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=42983353&aref=image0..., Zugriffsdatum: 4. Februar 2009