forum stahl, forum metall und forum design

forum stahl, forum metall und forum design

von Thomas Philipp

Bereits seit 1963 befand sich die von Helmuth Gsöllpointner geleitete Meisterklasse für plastisches Gestalten Metall auf dem Gelände der damaligen VOEST-Alpine AG Linz. In den Jahren 1971 und 1975 wurden an diesem Ort zwei Ausstellungen gezeigt, welche die Verbindung zwischen Kunst und Industrie verdeutlichen sollten. Das forum stahl I war als Konfrontation zwischen künstlerischen Objekten und Produkten der Industrie angelegt. Die Ausstellung wurde am 19. Juni 1971 eröffnet und sollte die BesucherInnen vor allem zu einer kritischen Beobachtung ihrer Arbeitsumwelt motivieren. Die Folgeausstellung forum stahl II, die am 13. Dezember 1975 eröffnet wurde, stellte hingegen eine Werkschau aus dem Studienbetrieb der Meisterklasse dar. Gezeigt wurden hier neben Gemeinschaftsarbeiten Werke von Gerald Altmüller, Gerhard Bogner, Erwin Bucheder, Josef Danner, Bernd Seifert, Karl Kaltenbacher, Werner Krausnecker, Gerhard Knogler, Peter Pötschmann, Wolfgang Kodada, Wolfgang Lackner, Waltrud Viehböck, Josef Priemetshofer und Helmuth Gsöllpointner. Die Exponate wurden zum Teil gemeinsam mit Betrieben des Konzerns und überwiegend in Zusammenarbeit mit den Lehrwerkstätten in Linz ausgeführt. (vgl. Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz 1976, S. 3 f.)

    Die Idee des forum metall wurde bereits 1972 in Ansätzen entwickelt. Nach einer längeren Entwicklungsphase konnte Gsöllpointner im November 1975 das Konzept einer Großausstellung von Plastiken im Freien den Stadtverantwortlichen vorstellen. Ende 1976 wurde nach Vorlage eines detaillierten Kosten- und Zeitplans von der Stadt Linz die Zusage zur finanziellen Unterstützung der Großausstellung gegeben. Mehrere SponsorInnen und andere FördergeberInnen wie Bund, Land Oberösterreich oder der Fonds der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung zogen nach. Mit der Durchführung des forum metall wurde die Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung betraut. Als Mitorganisator konnte auf Vorschlag des Magistrats der Stadt Linz der Leiter der Neuen Galerie, Peter Baum, gewonnen werden. Der Termin für die Großausstellung wurde mit Herbst 1977 festgelegt, die Eröffnung sollte im Rahmen des 4. Internationalen Brucknerfestes stattfinden. (vgl. Baum 1978, S. 9 f.)

    Das forum metall wurde am 12. September 1977 eröffnet. An der Donaulände, im Parkbereich des Brucknerhauses und am Linzer Hauptplatz wurden zwölf Großplastiken von international anerkannten KünstlerInnen gezeigt. Sämtliche Plastiken und Objekte wurden dabei in österreichischen metallerzeugenden und -verarbeitenden Betrieben nach den Entwürfen der KünstlerInnen sowie unter deren zeitweiser Mitarbeit und Überwachung hergestellt:

  • Herbert Bayer, Brunnenskulptur, 17 Chromnickelstahlrohre in Granitbecken
  • Max Bill, pavillonskulptur III, feuerverzinktes Eisen und verleimtes Holz
  • Haus-Rucker-Co, Nike von Samothrake, Aluminium geätzt auf Stahlgerüst
  • Erwin Heerich, Ohne Titel, Aluminium
  • Donald Judd, Four Boxes, Chromnickelstahl
  • Piotr Kowalski, Thermocouple, Kortanstahl und rostfreier Stahl
  • Bernhard Luginbühl, Linzer Donauatlas, Metallschrott und Chromnickelstahl
  • Eduardo Paolozzi, Hommage à Anton Bruckner, Gußeisen
  • Erwin Reiter, Strömung, Chromnickelstahl
  • Klaus Rinke, Zwei Vertikalachsen, die sich im Erdmittelpunkt treffen, Stahlrohrpyramiden und Chromnickellote
  • David Rabinowitch, Elliptical plane in 10 masses and 3 scales, Stahl
  • Günther Uecker, Tisch der Austreibung, Stahlkonstruktion

    Ergänzt wurden diese Plastiken in späteren Jahren um jene von Mathias Goeritz (La Serpiente 1986) und Amadeo Gabino (Hommage à Anton Bruckner 1998).
Eine Grundüberlegung der Großausstellung war es, "[…] in einer nicht nur industriell, sondern auch kulturell aufstrebenden und ambitionierten Stadt von überschaubarer Größenordnung einen eigenständigen künstlerischen Akzent zu setzen, der auf denkbar breiter Basis über den Kreis verstehender Insider hinaus kompromisslose Beispiele der Kunst unserer Zeit einem möglichst großen Publikum nahe bringt." (ebd., S. 15) Hierin spiegelte sich der Gedanke der Kultur für alle wider, ein kulturpolitischer Grundsatz der Stadt Linz ab den 1970er-Jahren. Die Aufstellung der Plastiken wurde im vorhinein für eine Mindestzeit von zwei Jahren garantiert. Damit sollte der Grundstock für ein großzügig konzipiertes Freilichtmuseum geschaffen werden.(vgl. ebd., S. 16)

    Die Rezeption des forum metall war sowohl auf nationaler und noch mehr auf internationaler Ebene durchwegs positiv. Die Nürnberger Zeitung schrieb unter dem Titel "Skulpturenpark mit modernen Plastiken" von einem gelungenen Experiment (vgl. Nürnberger Zeitung 1977) und die renommierte Zeit sprach vom "Linzer Superding". Die lokalen Medien lieferten Titel wie "Urbanistischer Akzent - und mehr" (Die Presse) (vgl. Die Presse 1977) , "Der Paukenschlag" (Oberösterreichische Nachrichten) (vgl. Oberösterreichische Nachrichten 1977) oder "Ausstellung der Superlative" (Neues Volksblatt)(vgl. Neues Volksblatt 1977). Reinhard Ablinger notierte in der Neuen Kronen Zeitung vom 16. September 1977 in seiner Kolumne "Unter uns gesagt":

"Das nun auch offiziell eröffnete Forum Metall hat Maßstäbe in mehrfacher Hinsicht gesetzt: Noch nie fand sich in Linz eine derart große Gruppe weltbekannter Künstler zu gemeinsamem Tun zusammen. Noch nie arbeiteten Künstler und Werktätige - vom Lehrling über den Facharbeiter bis zum Ingenieur - so intensiv miteinander. Noch nie waren daher die Voraussetzungen für ein besseres Verständnis zwischen Künstlern und Kunstkonsumierenden besser als jetzt. Noch nie hat sich die Industrie - in diesem Fall die metallverarbeitende - so sehr für die moderne Kunst eingesetzt. Noch nie hat es einer derart umfangreiche Diskussion um und über Kunst bei uns gegeben."(Neue Kronen Zeitung 1977)

    Eine große Kontroverse löste allerdings die von der Architektur- und Designgruppe Haus-Rucker-Co entworfene "Nike von Samothrake" aus. Sie wurde bereits am 27. August 1977, zweieinhalb Monate vor Eröffnung des forum metall auf einem Stahlgerüst am Dach der Kunsthochschule befestigt und ragte von dort schräg ins Freie.

    Unter dem Titel "forum design" (Untertitel: Tendenzen industrieller Formgebung und künstlerischer Gestaltung) versammelten sich zwischen 28. Juni und 5. Oktober 1980 eine Vielzahl von international renommierten DesignerInnen und Unternehmen in Linz, unter ihnen etwa ALESSI, Christopher Alexander, Achille Castiglioni, CITROËN, Peter Cook, Michael Graves, Haus-Rucker-Co, Rebecca Horn, HONDA, Kenzo, Sol LeWitt, Raimund Loewy, Allesandro Mendini, Charles Moore, NIKON, Gustav Peichl, Roland Rainer, Sonia Rykiel, SIEMENS, Ettore Sottsass, Robert Venturi oder die VOEST Alpine AG. Die von Helmuth Gsöllpointner (mittlerweile Rektor der Kunsthochschule), Peter Baum, Laurids Ortner und Angela Hareiter konzipierte Ausstellung sollte zeigen, dass "[…] mit Design nicht nur der eingeengte Begriff Industrial Design gemeint ist, sondern dass unter Design die Gestaltung und Planung alles dessen, was uns an Dingen umgibt, zu verstehen ist." (Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz 1980, S. 1) Ein Leitspruch der Ausstellung lautete folgerichtig "Design formt den Alltag".

    Der Anspruch von forum design bestand in diesem Zusammenhang insbesondere darin, qualitativ hochwertige Designobjekte aus Kunst und Industrie den BürgerInnen zugänglich zu machen:

"Wichtige Voraussetzung aber ist, dass bei einer breiten Bevölkerungsschicht die Notwendigkeit dieser Beschäftigung mit Design verankert wird. Nur wenn ein allgemeines Kulturbewusstsein auch diese Bereiche mit einbezieht, wird es möglich sein, die Qualität unserer Produktkultur zu verbessern." (ebd.)

    Einen großen Teil der Ausstellung nahm deshalb auch die Darstellung historischer und thematischer Aspekte des Designs ein.

    Für die Ausstellung wurde von Haus-Rucker-Co eine eigene Halle geplant, die in unmittelbarer Nähe zur Eisenbahnbrücke errichtet wurde. Sie war mit weißer Haut aus Kunststoffgewebe bespannt und ähnelte in ihrer Ausführung einem Eisenbahnzug. In ihr waren 14 Pavillons untergebracht, in denen zum einen Firmen ihre Produktdesigns zeigten und zum anderen DesignerInnen aus verschiedenen Sparten ihre individuellen Konzeptionen realisierten. Am donauseitigen Ende wurde außerdem nach den Plänen des amerikanischen Architekten Christopher Alexander das so genannte "Linz-Café" errichtet. Dieser beinahe vollständig aus Holz konstruierte Bau bot den BesucherInnen des forum design einen ungewöhnlichen und gemütlichen "[…] Ort zum Niedersetzen und Ausrasten […], einen Ort, wo sie sich erfrischen können." (Alexander 1981, S. 11 ff.)

    Am Ausstellungsbau entzündete sich allerdings auch die öffentliche Diskussion. Kritisiert wurden dabei vor allem die Kosten für den Bau und die Errichtung der Halle, anstatt diese für die Dauer der Ausstellung zu mieten. Die Neue Kronen Zeitung schrieb etwa unter dem Titel "Linz: zehnfacher Preis für Ausstellungshallen. 'Forum Design' verpulvert Millionen an Steuergeldern":

"14,5 Millionen Schilling Subventionen bekamen die Veranstalter für das Linzer 'Forum Design'. Sie brauchten deshalb mit Steuergeldern nicht zu sparen: Sie bauten um acht Millionen Schilling eine Ausstellungshalle, statt sie in ähnlicher Form um 631.400 Schilling für 100 Tage zu mieten." (Neue Kronen Zeitung 1980a, S. 11)

    Von den Organisatoren war geplant, die acht Millionen Schilling teure Ausstellungshalle nach Ende des forum design weiterzuverkaufen. Bereits in einer früheren Ausgabe der Neuen Kronen Zeitung wurde auch das Linz-Café von Alexander polemisch angegriffen:

"Dem englischen Designer Christopher Alexander gefiel das weiße Ausstellungszelt nicht, das für ihn beim 'Forum Design' an der Linzer Hafenstraße reserviert war: er darf deshalb ein Holzhaus statt der Halle bauen - mit Subventionen aus Steuergeldern versteht sich …" (Neue Kronen Zeitung 1980b, S. 14)

    Als finanzielles Desaster erwies sich der ausbleibende BesucherInnenandrang. Die OrganisatorInnen hatten vor Beginn mit rund 400.000 zahlenden BesucherInnen und Eintrittserlösen von rund 4 Millionen Schilling gerechnet. Nach sechs von insgesamt 100 Tagen konnten allerdings erst 4.000 BesucherInnen verzeichnet werden. (vgl. Neue Kronen Zeitung 1980c, S. 11) Die sommerliche Hitze und die Schwüle in den Ausstellungshallen waren mit ein Grund, weshalb nach 40 Tagen nur 20.000 Personen das forum design besucht hatten. (vgl. Neue Kronen Zeitung 1980d, S. 7) Am Ende der Ausstellung wurden 34.000 BesucherInnen gezählt. Die fehlenden Eintrittserlöse als auch die fehlenden Einnahmen durch das Nichtzustandekommen des Verkaufs der Ausstellungshallen führten dazu, dass die OrganisatorInnen das Inventar und Ausstellungsmobiliar einer öffentlichen Versteigerung preisgaben. Das Café Linz wurde beispielsweise zu einem Rufpreis von 50.000 Schilling angeboten und ging um 80.000 Schilling an einen Besitzer einer Diskothek aus Prambachkirchen. (vgl. Oberösterreichische Nachrichten 1980, S. 8)

    Die finanziellen Erlöse der Auktion, insgesamt 130.000 Schilling, reichten allerdings nicht aus, alle Kosten zu decken. So fehlte etwa für die Demontage des Ausstellungszeltes das Geld, wobei der damalige Bürgermeister Hillinger dazu spitz anmerkte:

"Auch wenn die Sechs-Wochen-Frist der Baubehörde für die Demontage des Zeltes verstrichen ist, wollen wir nicht exekutieren. Denn sobald der erste Schnee auf das Zelt fällt, wird die Statik der Stahlkonstruktion sowieso zusammenbrechen …" (Neue Kronen Zeitung 1980e, S. 10 f.)

    Schlussendlich kam es zu einem Gerichtsverfahren. Helmuth Gsöllpointner und Johann Grünn, Präsident des "Fonds Hochschule für Gestaltung Linz", wurden im Oktober 1982 wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida rechtskräftig verurteilt.1

    Die Bilanz von forum stahl, forum metall und forum design fällt rückblickend ambivalent aus. Allen gemein war der überaus ambitionierte Versuch, Kunst und Industrie einander näher zu bringen und damit der Profilbildung als Industrie- und Kulturstadt Vorschub geleistet zu haben. Dazu kamen bei forum metall und forum design die Einbindung von international renommierten BildhauerInnen, DesignerInnen und ArchitektInnen. Dementsprechend hoch war die Resonanz in der Fachwelt. So gilt die im Rahmen des forum design herausgegebene Publikation "Design ist unsichtbar" mittlerweile als Klassiker im Designbereich. Das aufklärerische Ziel, in selbem Maße auch den Nicht-ExpertInnen die jeweilige Kunst näher zu bringen, und hier vor allem den Linzer BürgerInnen, wurde hingegen - insbesondere beim forum design - größtenteils verfehlt.


1 Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19.10.1982, 26 E Vr 3569/80, 26 E Hv 139/82-79, in den hier maßgeblichen Punkten bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 19.März 1984, 8 Bs 209/83- 98



Alexander, Christopher, Das Linz Café , Löcker Verlag, Wien 1981

Baum, Peter, forum metall Linz , Linz 1978

Die Presse, Urbanistischer Akzent - und mehr, 18. August 1977, Wien 1977

Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz, FORUM STAHL II, Linz 1976

Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz, FORUM DESIGN, Linz 1980

Landesgericht Linz, Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19. 10. 1982, 26 E Vr 3569/80, 26 E Hv 139/82-79, in den hier maßgeblichen Punkten bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 19. März 1984, 8 Bs 209/83- 98, Linz 1982

Neue Kronen Zeitung, Unter uns gesagt, 16. September 1977, Linz 1977

Neue Kronen Zeitung, Linz: Zehnfacher Preis für Ausstellungshallen, 22. April 1980, Linz 1980a, S. 11

Neue Kronen Zeitung, Teure Zelthalle wich Holzhaus!, 11. Juni 1980, Linz 1980b, S. 14

Neue Kronen Zeitung, "Forum Design": Schulklassen füllen die Besucherlücken!, 3. Juli 1980, Linz 1980c, S. 11

Neue Kronen Zeitung, Sommerhitze vertreibt die letzten Besucher aus Forum-Design-Zelten, 7. August 1980, Linz 1980d, S. 7

Neue Kronen Zeitung, Forum Design vor Gericht, 15. Oktober 1980, Linz 1980e, S. 10 f.

Neues Volksblatt, Ausstellung der Superlative, 13. September 1977, Linz 1977

Nürnberger Zeitung, Skulpturenpark mit modernen Plastiken, 16. September 1977, Nürnberg 1977

Oberösterreichische Nachrichten, Der Paukenschlag, 13. September 1977, Linz 1977