Linz ist Mythos

Linz ist Mythos

von Thomas Philipp

Im Laufe der Zeit werden Geschichte und Geschichten laufend rekonstruiert. Dabei kommt es oftmals zu Verklärungen und Verschiebungen. Manche Teile einer Geschichte geraten in Vergessenheit, andere überstrahlen alles. Es entstehen, Roland Barthes folgend, Mythen des Alltags, die auf nur mehr schwer überprüfbaren kollektiven Erinnerungen beruhen.

    Auch in Linz wurden und werden Mythen produziert. Einige von ihnen stehen in enger Verbindung mit der Herausbildung der industriellen und kulturellen Identität der Stadt. Legendär ist etwa die Geschichte der Entwicklung des LD-Verfahrens in der VÖEST (Vereinigte Österreichische Eisen- und Stahlwerke). Jedes Linzer Kind lernt in der Schule von dieser österreichischen Erfindung, die so wichtig für den Stahlstandort Linz war. Doch um die Entdeckung ranken sich Gerüchte. Handelte es sich wirklich um eine österreichische Erfindung? Oder waren es doch die Schweizer?

    Auch die Kunst und Kultur in Linz kann mit zeitnahen Mythen aufwarten. Erinnert wird an die legendäre foren-Reihe zu Stahl, Metall und Design in den 1970er- und 1980er-Jahren. Der Skandal um die Nike ist noch vielen in lebhafter Erinnerung und beim forum design verbinden sich zwei Erzählungen: jene des überstrahlenden, großartigen Erfolgs in der Fachwelt und jene des im Schatten liegenden Misserfolgs bei der Bevölkerung. Außerdem wäre da noch die Ars Electronica, das "größte Medienkunstereignis der Welt", und die Linzer Klangwolke. Jährlich wird an die erste Klangwolke erinnert, als die Bevölkerung ihre Radiogeräte in die geöffneten Fenster stellte, um Linz zur Klangstadt zu machen. Aber wie groß war der Erfolg dieser Klangwolke tatsächlich?